Die folgende Darstellung zeigt die Möglichkeiten von bezahlten Freistellungen und unbezahlten Freistellungen bis maximal sechs Monate nach dem Pflegezeitgesetz auf. Verzichtet wird auf die Darstellung der längerfristigen Freistellungsmöglichkeiten nach dem Familienpflegezeitgesetz, da diese in der Praxis weniger nachgefragt werden.
Bezahlte Freistellung
1. Freistellung für einen Arbeitstag nach § 21 Ziffer 2.6. MTV Papiererzeugung
Bei schwerer Erkrankung von zur Hausgemeinschaft gehörenden Familienangehörigen kann der Beschäftigte für einen Arbeitstag bezahlt freigestellt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Notwendigkeit der Anwesenheit des Arbeitnehmers zuhause ärztlich bescheinigt wird.
2. Inanspruchnahme von Urlaub
Der Eintritt einer Pflegebedürftigkeit von nahen Familienangehörigen kann ein persönlicher Grund sein, dass Urlaub genommen wird. Das individuelle Urlaubskonto muss aber noch eine Gutschrift aufweisen und dringliche betriebliche Gründe dürfen der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen.
3. Nutzung der Arbeitszeitflexibilisierung aus dem Arbeitszeitkonto
Eine Möglichkeit der bezahlten Freistellung ist auch die Nutzung des Arbeitszeitkontos im Rahmen von flexiblen Arbeitszeitmodellen, sofern solche im Betrieb existieren.
4. Verwendung von bestehenden Wertguthaben von Zeitwertkonten
Gibt es im Betrieb eine Regelung über Lebensarbeitszeitkonten mit entsprechendem Verwendungszweck kann ein angespartes Wertguthaben auch für eine bezahlte Freistellung zur Pflege naher Angehöriger verwendet werden.
Unbezahlte Freistellung
1. Unbezahlte Freistellung mit Zustimmung des Arbeitgebers
Eine unbezahlte Freistellung kann der Arbeitgeber freiwillig jederzeit mit dem Beschäftigten vereinbaren. Sie wird in der Praxis über einen längeren Zeitraum nur zustande kommen, wenn sich einerseits der Mitarbeiter eine unbezahlte Auszeit leisten kann und sich andererseits sein Ausfall am Arbeitsplatz betrieblich überbrücken lässt.
2. Regelungen des Pflegezeitgesetzes
Das Pflegezeitgesetz gibt nur die Möglichkeit einer unbezahlten, nicht aber
einer bezahlten Freistellung.
Voraussetzung ist, dass nahe Angehörige pflegebedürftig werden. Dazu gehören: Eltern, Stief-, Schwieger-, Großeltern, Geschwister, Schwägerin und Schwager, Kinder und Enkelkinder, Adoptivkinder, Pflegekinder, Ehegatten und Lebenspartner sowie Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft sowie deren Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder. Nicht zu diesem Personenkreis dagegen gehören Onkel, Tanten, Neffen, Nichten, Urgroßeltern, Urenkel, nicht eheähnliche Partner, Freunde und alle sonstigen Personen.
Der berufstätige Familienangehörige kann sich kurzzeitig bis zu einer Dauer von maximal zehn Arbeitstagen unbezahlt von seiner Arbeit freistellen lassen. Dies gilt unabhängig von der Betriebsgröße in allen Betrieben, wenn die folgenden Voraussetzungen alle zusammen vorliegen.
– nicht vorhersehbare Pflegebedürftigkeit
Es muss eine akut und überraschend eingetretene Pflegebedürftigkeit vorliegen, die nicht vorhersehbar war. Dies ist beispielsweise bei einer plötzlich eintretenden Pflegesituation oder einer Zustandsverschlechterung eines bereits pflegebedürftig erkrankten Angehörigen oder auch bei einem Ausfall der bisherigen Pflegeperson oder bei den Folgewirkungen eines schweren Unfalls gegeben. Ausreichend in diesem Zusammenhang ist das Vorliegen einer voraussichtlichen Pflegebedürftigkeit, auch wenn sich später herausstellt, dass die Pflegestufe 1 nicht erreicht wird.
– Erforderlichkeit der Freistellung
Die Freistellung muss erforderlich sein, das heißt, dass gerade derjenige Beschäftigte, der die Freistellung begehrt, die Kurzzeitpflege organisieren oder übernehmen muss. Dies ist sicherlich der Fall, wenn der Betreffende der einzige erwachsene nahe Verwandte des pflegebedürftigen Angehörigen ist. Es ist nicht der Fall, wenn mehrere nahe Angehörige oder teilzeitbeschäftigte, beispielsweise geringfügig beschäftigte oder gar beschäftigungslose Verwandte hierfür zur Verfügung stehen.
– ärztliche Bescheinigung
Auf Wunsch des Arbeitgebers ist außerdem eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, die die Pflegebedürftigkeit und die Erforderlichkeit der Freistellung bestätigt.
– unverzügliche Anzeige an den
Arbeitgeber
Der Mitarbeiter muss seinem Arbeitgeber die Verhinderung seiner Arbeitsleistung und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitteilen.
Pflegeunterstützungsgeld beantragen
Da die Freistellung unbezahlt ist, kann der Arbeitnehmer für diesen Zeitraum Pflegeunterstützungsgeld bei der Pflegekasse oder dem Versicherungsunternehmen des pflegebedürftigen nahen Angehörigen beantragen. Dieser Antrag ist unverzüglich nach der Entscheidung, eine Freistellung zur Pflege in Anspruch zu nehmen, zu stellen. Hierfür ist aber eine entsprechende ärztliche Bescheinigung vorzulegen.
Langfristige unbezahlte Freistellung bis maximal sechs Monate
Das Pflegezeitgesetz eröffnet in allen Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten auch die Möglichkeit, sich für maximal sechs Monate von der Arbeitsverpflichtung unbezahlt freistellen zu lassen ohne dass hierfür die Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich ist. Diese Freistellungsphase muss zur häuslichen Betreuung eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen genutzt werden, sodass auf folgendes zu achten ist:
– Pflegebedürftigkeit
Bei der zu pflegenden Person muss mindestens Pflegestufe 1 festgestellt sein. Diese Pflegebedürftigkeit muss durch Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachgewiesen werden.
– Anzeigepflicht an den Arbeitgeber
Der Beschäftigte muss dabei seinen Pflegezeitwunsch spätestens zehn Arbeitstage vor dem beabsichtigten Beginn der Pflegezeit dem Arbeitgeber schriftlich ankündigen.
Reduzierung der Arbeitszeit auf Teilzeitvolumen
Der Gesetzgeber hat auch die Möglichkeit eröffnet, die Arbeitszeit kurzfristig nach dem Pflegezeitgesetz zu reduzieren, um mit der gewonnenen Zeit die Pflege eines nahen Angehörigen zu übernehmen.
– Dauer bis maximal sechs Monate
In Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten kann nach dem Pflegezeitgesetz eine Reduzierung der Arbeitszeit bis zu maximal sechs Monaten Dauer erfolgen. Der Arbeitnehmer ist beim Umfang der Reduzierung der Arbeitszeit frei.
– Ankündigungsfrist zehn Tage
Der Beschäftigte muss dabei seinen Pflegezeitwunsch spätestens zehn Arbeitstage vor dem beabsichtigten Beginn der Arbeitszeitänderung dem
Arbeitgeber schriftlich ankündigen.
– entgegenstehende dringende
betriebliche Belange beachtlich
Der Arbeitgeber kann dem Reduzierungswunsch des Arbeitnehmers dringende betriebliche Belange entgegenhalten.
Sonderfall Sterbebegleitung
Im Pflegezeitgesetz ist auch eine unbezahlte Freistellung zur Sterbebegleitung vorgesehen. Dieser Freistellungsanspruch umfasst maximal drei Monate und kann als Komplettfreistellung oder als Teilzeitarbeit ausgestaltet werden.
Ausnahmsweise kommt es hier auf das Vorliegen einer häuslichen Pflegesituation nicht an, der nahe Angehörige kann sich zum Beispiel auch in einem Hospiz befinden und dort gepflegt werden. Er muss sich aber in einem weit fortgeschrittenen Stadium einer schweren Erkrankung befinden, bei dem eine palliativmedizinische Behandlung notwendig, eine Heilung ausgeschlossen und lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten zu erwarten ist. Diese Voraussetzungen sind dem Arbeitgeber durch Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Zeugnisses nachzuweisen.
Fazit
Erforderlich ist eine passgenaue Gestaltung der Pflege nach den Bedürfnissen des Betroffenen im Einzelfall. Genauso wichtig ist aber auch, dass die notwendigen Vertretungsmaßnahmen im Betrieb getroffen werden können. Deshalb sind möglichst frühzeitige einvernehmliche Lösungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber notwendig.
Zur Pflege eines nahen Angehörigen ermöglicht das Pflegezeitgesetz, eine unbezahlte Auszeit zu nehmen. Dafür müssen aber einige Voraussetzungen erfüllt sein.